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Samstag, 4. April 2015

Alte Schätze

Noch immer liegen viele meiner Stoffe, die ich 2011 in Indien gekauft habe, unberührt im Schrank.

Manchmal sehe ich sie mir an und sofort erscheinen, die Bilder aus Indien wieder vor meinem Auge. Jetzt habe ich einen der Baumwollbatikstoffe aus Varanasi verarbeitet. Ich habe den Stoff damals im Muslimenviertel der berühmten Stadt, in der, so erzählte man mir, schon Nina Hagen und die Beatles aufgetreten sind und John Lennon eingeäschert worden sein soll, erstanden.

Varanasi liegt direkt am Ganges. Wir konnten mit anschauen, wie dort Sadhus, sogenannte heilige Männer, ein rituelles, reinigendes Bad im heiligen Fluss nahmen. In nur einer handvoll Gangeswasser sollen sich Milliarden Bakterien für allemöglichen Krankheiten befinden. Trotzdem soll es dort Menschen geben, die dieses Wasser pur trinken und sich bester Gesundheit erfreuen. Glaube versetzt wohl Berge. Ich passte sehr genau auf, das Wasser nicht zu berühren.
In Varanasi besuchte ich auch das "Freiluft"krematorium der Hindus. Es lagen in Gold-und Silberfolie eingewickelte Leichen zum Verbrennen bereit. Angehörige Frauen dürfen den Ort nicht betreten, weil sie durch ihr Weinen und ihre Trauer die Seele des Verstorbenen daran hindern könnten ins Nirwana zu kommen.
Starb man durch den Biss einer Kobra, war unter 3 Jahre alt oder eine schwangere Frau, so wurde bei Todesfall, die Leiche mit Steinen beschwert in der Mitte des Ganges versenkt. Es gab also keine Einäscherung.
Die Einäscherung dauert vollständig etwa 7 Stunden. Nach 3 Stunden wird bei einer weiblichen Leiche das Becken und bei einer männlichen Leiche der Brustkorb herausgetrennt und dem Ganges übergeben...
Jetzt wisst ihr, warum ich es vermieden habe den heiligen Fluss zu berühren. Das Anschauen hat mir schon genügt.
Trotz dieser Gebräuche herrschte an diesem Ort eine angenehme Energie, als würde man die Heiligkeit spüren können.

"Alte Schätze" sind wohl nicht nur meine indischen Baumwoll- und Seidenstoffe, sondern auch meine Erinnerungen. Dabei hatte ich gar nicht vor, so viel zu schreiben. Die oben dargestellten Informationen stammen aus Erzählungen bei einer Führung durch Varanasi.

Zurück zum Stoff und zum Filzen:
Entstanden ist ein Kleid aus besagtem Batikstoff beidseitig befilzt mit selbstgefärbtem Merinokammzug.



2 Kommentare:

Erika hat gesagt…

Liebe Marion, Danke für diese schöne Erzählung. Ich bin nämlich mitgereist, im Inneren an diesen schönen Ort, den ich nur vom Fernsehen kenne. So gerne wäre ich auch einmal dort... Diese Kultur, dieses Leben mit eigenen Augen zu sehen, erscheint mir sehr verlockend. Wolf Dieter Storl nimmt in seinen Büchern (besonders in "Shiva, der wilde gütige Gott) auch gerne Bezug zu seinen Jahren in Indien. So schön...

Das Kleid ist sehr schön geworden. Sehr schöne Farben und Deine Wolle dazu, ein gewebter Traum.

Ich wünsche Dir ein wunderschönes Osterfest!
Alles Liebe
Erika

Filzmari hat gesagt…

Liebe Erika!
Freut mich, dass meine Indienerzählungen gut bei dir angekommen sind. Ich hatte schon Bedenken, dass es jemand als schockierend empfinden könnte. Das war es aber ganz und gar nicht! Ich möchte auch gerne noch mal nach Indien. Es lässt mich nicht mehr los. Ich hab diesmal nur noch niemanden, der mitginge...
Dir ein ganz wunderbares Osterfest!
Marion

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